Samstag, 24. April 2010

Straßenhandel

Gustavo fuhr mit einem Freund aus Brasilien, der ihn in Deutschland besuchte, durch die Straßen.
Der Freund schaute aufmerksam aus dem Auto und jdes Mal, wenn sie an Ampeln halten mussten, wurde sein Blick noch intensvier, und er drehte den Kopf nach vorne und hinten.
Als Gustavo bemerkte, dass sein Freund immer aufgeregter wurde, wurde er neugierig und fragte, was denn los sei.
"Gustavo, Mensch, hast du es denn nicht bemerkt? Du kannst hier in Deutschland Millionär werden! Niemand verkauft etwas auf der Straße. Selbst wenn wir an der Ampel stehen, kommt keiner und klopft an die Scheibe, um etwas anzubieten. Das ist eine Marktlücke hier!"
Gustavo runzelte die Stirn und überlegte eine Sekunde, ob es der Freund wohl ernst meine. Dann seufzte er, erzählte von deutschen Verboten & Genehmigungen und wie viel Spaß es wohl machen würde, im Winter auf der Straße zu stehen.

Sonntag, 18. April 2010

Der Deutsche und sein Wald

Emily war erst seit ein paar Tagen in Deutschland. Nachdem ihre Gastfamilie ihr Stadt und Umgebung gezeigt hatte, nahmen sie sie an ihrem ersten Wochenende mit auf einen Spaziergang in den Wald.
Emily glaubte zuerst, nicht richtig verstanden zu haben. Warum in aller Welt sollte sie in den Wald gehen? Niemand in Kanada würde auf die Idee kommen, freiweillig in den Wald zu gehen.
"Bush" nennen sie in Kanada den Wald. Und nur, wer sich von Dornen das Gesicht zerkratzen, sich verlaufen oder von einem Bären gefressen werden will, der geht aus freien Stücken in den Wald.
Spazieren geht man höchstens im Park in der Stadt oder auf den wenigen ausgewiesenen Wegen in Nationalparks. Aber niemand geht zum Wandern in den erstbesten Wald. Schon gar nicht mit Kindern oder um Pilze und Kastanien zu sammeln! Und überhaupt, was ist das: "Wandern"?
Schon bald gewöhnte sich Emily an diese seltsam Zuneigung der Deutschen zum Wald und Wandern. Sie sah ein, dass es keine gefährlichen Tiere gab, und die wie Autobahnen ausgeschilderten Wege im Wald selbst dem Dümmsten keine Chance ließen, verloren zu gehen.
Doch Emily hatte das Gefühl, es sei mehr als die Lust nach frischer Luft und Bewegung, die die Deutschen in die Wälder trieb, denn all das hätten sie ja auch beim Wandern entlang eines Flusses haben können. Es schien ihr, als hätten die Deutschen eine spezielle Verbindung zu ihren Wäldern, als sei der Wald an sich ein spiritueller Ort für sie.
Ein Ort, in dem viele Mythen spielten; ein Ort, an dem Hänsel & Gretel und Rotkäppchen die Gefahren des Lebens meisterten; ein Ort, in dem Räuber hausten; ein Ort, in dem schon vor 2000 Jahren Arminius die römische Übermacht in ihre Schranken wies.
Emily war fasziniert von dem generationenübergreifenden romantischen Waldbewusstseins der Deutschen. Welches Land sonst hatte seinen Wald auf seinen Münzen verewigt? Wo sonst wurden Lieder über den Wald als Freund gesungen? Wo sonst gab es Waldfriedhöfe? Wo sonst gab es Waldkindergärten? Wo sonst gab es Wörter wie "Waldsterben"?
Und so gewann sie mit den Jahren selber den Wald ein wenig lieb und hat inzwischen zu ihrer eingen Verwunderung den ein oder anderen Besucher aus der Heimat zu einem Spaziergang mit in den deutschen Wald genommen.

Samstag, 10. April 2010

Die Ruhe im Auto

Daran, dass ihm in Deutschland regelmäßig nicht die Tür aufgehalten wird, hat Nuno sich inzwischen gewöhnt. Allerdings ärgert es ihn bis heute ein wenig, wenn er selber jemanden die Tür aufhält und ihm kein Danke gesagt wird.
Dafür passiert es Nuno häufig, dass er der Person hinter sich die Tür aufhält, diese mit stieren Blick an ihm vorbei läuft und weitere 6 Personen folgen, von denen weder eine einzige Danke sagt, noch die Tür übernimmt, so dass Nuno wie ein Portier neben der Tür stehen bleiben muss.
Was Nuno völlig verwirrt ist, dass er im Straßenverkehr genau das Gegenteil erlebt. Möchte jemand ausparken, wird ihm Platz gemacht. Hat jemand sich vor einer Ampel in der Spur vertan, warten alle hinter ihm geduldig bis er die Spur gewechselt hat. Selbst wenn die Ampel dabei schon grün ist, veranlasst dies niemanden zu hupen.
In Portugal hingegen müsste so ein Fahrer froh sein, wenn ihm lediglich ein Hupkonzert entgegen bläst, und er nicht am nächsten Laternenpfahl aufgeknüpft wird.
Und wer aus einer Nebenstraßen kommt, sollte nicht damit rechnen, dass jemand auf der Hauptstraße anhält, um ihn einfahren zu lassen.