Montag, 18. April 2011

Die privateste Frage

Roxana betrat europäischen Boden als sie zum Studieren nach Brüssel kam. Dort traf sie ihren ersten deutschen Menschen - eine Kommilitonin aus Ostberlin.
Sie sprachen öfters miteinander und trafen sich zu dem ein oder anderen Kaffee.
Eines Tages bekam die Ostberlinerin ein Job-Angebot. Sie sprach mit Roxana darüber und machte sich vor allem Sorgen, ob denn das Gehalt, dass sie erhalten sollte, ausreichend sei.
Als Roxana sie darauf ansprach, wie hoch denn das Gehalt sei, erstarrte das Gesicht der Ostberlinerin: "Roxana, wie kannst du so etwas fragen!?"
Sie erklärte Roxana, dass dies die privateste Frage sei, die man einem Deutschen stellen könne. Noch schlimmer, als wenn man eine Frau frage, ob sie ihre Periode habe.
Roxana hörte stumm und mit großen Augen zu. Sie konnte nicht glauben, was sie hörte und fragte am nächsten Tag ein paar andere Studenten aus Deutschland, ob das denn so stimme.
Sie bestätigten es ihr, und Roxana wusste für den Rest ihres Lebens, welche Frage sie niemals in Deutschland stellen dürfe.

Samstag, 9. April 2011

Der 8-Wochen-Schrank

Als Giulia sich ihre erste Wohnung in Deutschland einrichtete, war sie es satt, immer nur bei IKEA einzukaufen.
Und so ging sie eines Tages zu einem großen Möbelhaus, um einen Kleiderschrank zu suchen. Die Auswahl war gewaltig, und es dauerte nicht lange, bis sie ein Modell gefunden hatte.
Sie ging zu einer Verkäuferin, um den Schrank zu kaufen. "Das dauert 8 Wochen, wir müssen den Schrank erst bestellen", sagte ihr die Dame. "8 Wochen!?", dachte sie, "aber gut, wenn das hier üblich ist..."
Und so wartete sie geduldig in ihrer Wohnung ohne Kleiderschrank. Der Winter wurde durch den Frühling abgelöst und auch wenn ihr Schrank noch nicht kam, so hatte sie inzwischen ein Auto - das sie nach dem Schrank geordert hatte.
Endlich, nach exakt 8 Wochen, erhielt sie eine SMS, dass der Schrank ihr am folgenden Samstag um 7 Uhr morgens geliefert würde. Sie las die SMS einmal. Dann noch einmal. Und noch einmal, bis sie sicher war, dass dort wirklich 7 Uhr morgens und nicht abends stand.
So stellte sie sich am Samstag den Wecker auf 6:30 und tatsächlich um Punkt 7 klingelten die Möbelpacker und schleppten den Schrank in ihre Dachgeschosswohnung.
Giulia schaute dem allem im Halbschlaf zu, streichelte kurz den Schrank und legte sich um 7:15 wieder ins Bett, um den Rest des Samstags auf italienische Weise genießen zu können.