Montag, 11. Januar 2010

Anders Unfreundlich

Veronkia weiß bis heute nicht, ob sie sich an die Sitten in deutschen Cafés gewöhnt hat.
Von Wien war sie es gewohnt, dass es normal war, auch einmal allein in ein Café zu gehen, einen Kaffee zu bestellen und dann endlos lange in der riesigen Auswahl an Zeitungen und Magazinen zu lesen.
In Deutschland muss sie Glück haben, wenn es überhaupt den Stern und die Lokalzeitung gibt. Und dann kommen alle Nase lang die Kellner und fragen, ob sie noch etwas haben möchte, bis sie schließlich genervt zahlt und geht.
Überhaupt war sie anfangs überrascht, feststellen zu müssen, dass Kellner in Deutschland meist Studenten sind, war sie doch von Wien Menschen gewohnt, die eine spezielle Ausbildung durchlaufen hatten und ihre Arbeit mit höchster Professionalität exerzierten.
Nicht dass sie freundlicher wären als in Deutschland, aber sie sind anders unfreundlich. Professionell unfreundlich. Sie sind schroff, lächeln nicht, halten sich jedoch an die Form, kommen umgehend zum Tisch des Gastes, sagen alle notwendigen Floskeln und bringen das Georderte tadellos vorbei.
Zu einem Kaffee wird in Wien stets ein Glas Wasser gereicht. Etwas, das ihr in Deutschland nie passiert. Fragt sie hingegen freundlich nach einem Glas Leitungswasser, so wird sie oft angeschaut, als wäre sie nicht ganz richtig im Kopf und missgelaunt wird das Wasser nachgereicht.
Die Cafés, mit denen Veronika aufwuchs, waren speckig, verraucht, modrig und abgestanden. Mobiliar und Kellner eingeschlossen. Wobei letztere so aussahen als würden sie schon 300 Jahre in dem Café arbeiten.
Dennoch hat alles Stil und ja, Kultur. So wird zum Essen, das es in jedem Café in guter Qualität und Auswahl gibt, stets ein Deckchen auf den Tisch ausgebreitet. Danach wird das Essen in perfekter Form gebracht und der Gast in Ruhe gelassen.

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